Padlets – also jene digitalen Leinwände, die sehrindividuell gestaltet werden können – erlauben zahlreiche Möglichkeiten, den (digitalen Fern-)Unterricht zu gestalten. An dieser Stelle sollen einige (weitere) Erkenntnisse im Umgang mit dieser Lernumgebung erläutert und in einem weiteren Teil konkretisiert werden.
Inhalt
- 1 Anmerkung
- 2 1.Transparenz schafft Nachvollziehbarkeit
- 3 2. Transparenz erzeugt visualisierte Unterrichtsstrukturen
- 4 3. Digitalität heißt Rekombinierbarkeit
- 5 Allgemeine Betrachtung unterschiedlicher Padlets
- 5.1 1. Regal
- 5.2 2. Timeline
- 6 3. Leinwand
- 6.1 4. Liste
- 6.2 5. Weitere Padlets
- 7 Fazit der allgemeinen Betrachtung
- 8 Einige konkrete Impulse
- 9 Fazit
Anmerkung
Wie bei allem (neuen) digitalen Tools zeigt sich auch bei Padlets, dass die Reflexion erst mit dem Gebrauch kommt (Philippe Wampfler spricht in diesem Zusammenhang von “experimenteller Medienkompetenz”, Digitales Schreiben, 2020). Das mag banal sein, zeigt aber, dass das Verständnis von Prozessen erst durch geduldiges Arbeiten geschehen kann. Erst dann kommt es zu Fragen, zu Antworten und zu Erkenntnissen, die manchmal auch erst langsam durchsickern. An dieser Stelle also zunächst einige allgemeine Erkenntnisse. Im Anschluss erfolgt eine generelle Einordnung verschiedener Padlet-Typen und sodann 10 konkrete Beispiele für die Nutzung im Unterricht.
1.Transparenz schafft Nachvollziehbarkeit
Transparenz schafft Nachvollziehbarkeit. Die digitalen Leinwände sind offen für alle, die einen Einladungslink haben oder eingeladen worden sind. Auf diese Weise können alle sehen, was sie getan haben, wie weit sie gekommen sind und wo es Probleme gab. Das erfordert Vertrauen. Aber in der “Präsenzschule” ist eine solche Einsicht gar nicht erst möglich. Und auch das Peer-to-Peer-Feedback, das dadurch möglich ist, wäre in einer Präsenzsituation, die mit physischen Materialien arbeitet, so nicht möglich.
Eine Schlussfolgerung dieser Erkenntnis ist dann aber auch zweierlei: Die gestallten Aufgaben sollten so gestellt sein, dass die Transparenz der Aufgabenstellung (und eben nicht nur der Antworten) auch diese Nachvollziehbarkeit bietet. Eine zweite Schlussfolgerung: Nicht alle Aufgaben eignen sich für eine solche Transparenz. Wenn Schüler*innen einen geschützten Raum brauchen, sollte dieser ihnen zugestanden werden.
2. Transparenz erzeugt visualisierte Unterrichtsstrukturen
Diese Erkenntnis kam (sehr) spät. Normalerweise plant jeder Unterricht anders. In einem ersten Schritt erklärte ich über die letzten Monate aber Kolleg*innen, dass sie ihren Unterricht digital – z.B. über OneNote planen könnten, da sie diesen so besser in digitale Lernmanagementsysteme übertragen könnten. Das ist ja auch richtig: Alles, was gesehen werden soll, kann also in ein LSM übertragen werden. Oder eben ins Padlet. Aber was soll überhaupt nicht gesehen werden?
In der traditionellen Unterrichtsplanunggibt es Phasen, die für alle sichtbar sind. Beispielsweise ein Bild bei einem Bildimpuls. Die Aufgabenstellung wiederum wird durch die Lehrperson artikuliert, ist also auch “sichtbar”. Lernziele, Arbeitsschritte, Prozesse etc. sind meistens nicht sichtbar, da sie Teil einer Struktur sind, die nur die Lehrperson sieht. Vor einigen Jahren, etwa 2014, versuchte ich in einem ersten Schritt, alles, was wir als Klasse taten, zu visualisieren (Abschnitt “Beispiele).
Dies hatte zur Folge, dass der Unterrichtsfluss deutlich geschmeidiger wurde, da immer klar war, was als nächstes kommen würde. Genau jene visualisierte Strukturierung ist gerade mit Padlets auch möglich (ich hörte von einer Kollegin, die in der Grundschule auch Pausen in die Unterrichtsschritte einbaute, in der die Schüler*innen Musik hören oder einer Hörgeschichte lauschen konnten).
Als ich aber begann, direkt über das Padlet zu planen und die visualisierten Schritte zu screenshoten, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: In einer für alle sichtbaren Struktur ist die “geheime Planung” redundant. Alle sind dabei, alle können teilhaben, alle können alles einsehen. Ein Argument für die Aufnahme dieser Strukturen bleibt die in der persönlichen Struktur sortierte Strukturierung. Dennoch stellt dies die Planungen auf den Kopf.
3. Digitalität heißt Rekombinierbarkeit
Dass Digitalität vor allem dadurch auszeichnet, dass Produkte einfacher zu kombinieren sind, ist in der letzten Zeit mehrfach betont worden (Unter anderem Stalder oder Nassehi). Diese Kombinierbarkeit liegt natürlich vor allem in der untersten Ebene des diskreten Codes.
Die Kombinierbarkeit von Padlets wiederum zeigt die Möglichkeit von Verbindungen auf der Ebene der Visualisierung (die Lernrallye ist ein Beispiel für diese Kombinierbarkeit). Das bedeutet, dass ich für unterschiedliche Aufgabenformate unterschiedliche Padlets erstellen und diese in einer Ebene höher verlinken kann. Es entsteht eine Art Baumstruktur, die beispielsweise ein Übersichtspadlet aller Klassen in der ersten, ein Klassenpadlet in der zweiten, ein Themenpadlet in der dritten und unterschiedlichste Padlets zu Aufgaben in der vierten Stufe hat.
Laien und User, die zunächst beginnen, mögen sich fragen, ob dies die Dinge nicht erschwert und verkompliziert anstatt sie zu erleichtern. Die Antwort liegt in Betrachtung der unterschiedlichen Ebenen. Während Übersichts- und Klassenpadlets Verwaltungswerkzeuge sind, die zunächst den Unterricht gar nicht verändern (müssen) und die nur dann sinnvoll sind, wenn genügend Menschen einer Organisation das Padlet nutzen, sind die beiden unteren Ebenen Lernumgebungen. Das Themenpadlet ist die Visualisierung des Unterrichtsverlaufs zu einem Thema über eine längere Zeit. Die Unterpadlets können vieles sein: Themenräume, Diskussionsforen, Pinnwände, Fragerunden, Videoräume und vieles mehr.
Durch die Unterschiedlichkeit der verschiedenen Padlets bedeutet dies, dass anders als bei gewöhnlichen LMS nicht alles auf einmal an einem Punkt liegt (was natürlich den Vorteil hat, dass man es schnell abrufen kann), sondern dass die digitale Oberfläche flexibel der Aufgabe angeglichen werden kann.
Fazit: Auf dieser Grundlage bieten Padlets genau jenen Lernraum, der die Möglichkeiten des Digitalen als Erweiterung des (digitalen) Handlungsspielraums ermöglicht.
Allgemeine Betrachtung unterschiedlicher Padlets
Bevor konkrete Padlets gezeigt werden, möchte ich an dieser Stelle eine unvollständige Liste der Standardpadlets zeigen und verdeutlichen, zu welcher Ebene diese zugeordnet werden könnten und welche Vorteile sie für den Unterricht bieten. Diese Anmerkungen sind natürlich als unvollständige Impulse zu verstehen, die auch erweitert, kritisiert oder verworfen werden können. Die Liste ordne ich nach eigener Priorität. Andere Fächer könnten selbstverständlich unterschiedliche Gewichtungen haben.
1. Regal
Ich beginne mit dem Regal, weil die Anordnung der Posts von links nach rechts am besten Strukturen abbilden kann. Über eine solche Regalwand kann man am besten Wochenpläne oder Fächerpläne zur Verfügung stellen (letzteres bedeutet: Alle Fächer sind vertreten, die Aufgaben der Woche werden mit Datum versehen). Aber auch für Schüler*innen bietet ein solches Padlet den Vorteil der Übersicht, wenn beispielsweise ein digitales Produkt (Lesejournal, siehe weiter unten) erstellt werden kann.
Schwerpunkt: Verwaltung, Vorteil: Übersicht, Struktur
2. Timeline
Die Zeitleiste bietet viel mehr Möglichkeiten als der Name suggeriert. Grundsätzlich erlaubt die Anordnung die Visualisierung einer Chronologien Struktur, egal ob es sich dabei um tatsächliche Jahreszahlen, Buchseiten oder Videos- bzw. Hördateien geht. Das heißt, dass Schüler*innen auf diese Weise nicht nur in die Lage versetzt werden, sehr strukturiert etwas abzuarbeiten, sondern eben selbst (und zwar kollaborativ) an solcherlei Strukturen zu arbeiten. Die Frage nach der Anordnung ist dabei gleichsam der Anspruch, mit dem ein Lerneffekt erzielt werden kann.
Schwerpunkt: Darstellung, Vorteil: Chronologie
3. Leinwand
Mit der Leinwand können Beziehungen zueinander verdeutlicht werden. Das bedeutet, dass diese zwar auch organisatorisch genutzt werden kann, um beispielsweise Aufgaben nacheinander anzuordnen (siehe Erkenntnis 3), sondern auch, dass alles, was zueinander in Beziehung steht (Figuren, Substanzen, Atome etc.) visualisiert werden kann. Auch bietet die Leinwand so den Vorteil, sprachliche Besonderheiten visualisieren zu können, beispielsweise in einer Dialoganalyse (siehe unten).
Schwerpunkt: Beziehungen, Vorteil: Visualisierung von Verbindungen
4. Liste
Die Liste bietet sich immer dann an, wenn auf verschiedene Produkte fokussiert werden soll. Das kann beispielsweise bei einem Stundenprotokoll, einer Liste oder Sammlung von Unterrichtsprodukten oder weiteren ähnlichen Aufgaben sein, in denen es darum gehen kann, Antworten nach und nach zu besprechen.
Schwerpunkt: Chronologie, Vorteil: Fokus
5. Weitere Padlets
Die Bezeichnung “Weitere Padlets” zeig schon, dass ich diese eher weniger nutze, was aber nicht bedeutet, dass sie nutzlos sind. Es handelt sich dabei um die “Unterhaltung”, das “Storyboard” und die “Karte”. Während ich die Karte bisher noch gar nicht genutzt habe, mit den Nutzen in jedweden Fächern, die mit Landeskunde oder ähnlichem zu tun haben, aber gut vorstellen kann, nutze ich die Unterhaltung tatsächlich mehr. Denn hier kann beispielsweise ein Gespräch (zwischen Charakteren, Figuren oder als Argumentation) nicht nur visualisiert, sondern eben auch archiviert werden. Das Storyboard ist dem Regal ähnlich, kann aber neu angeordnet werden. Bisher hatte ich dazu auch weniger Verwendung, wenngleich ich denke, dass genau dies ein Vorteil sein kann.
Schwerpunkte: Unkategorisierte Darstellung, Chronologie, Ortbezogenheit, Vorteile: Neuanordnungen,Visualisierung von Gesprächen, lokaler Bezug.
Fazit der allgemeinen Betrachtung
Bei all den verschiedenen Padletvariaten sei angemerkt, dass sie nicht nur durch Kombination, sondern auch mit dem Zusatz des Kommentars oder der Bewertung zusätzlich an Dimensionen gewinnen. Beispielsweise sorgt eine Kommentarfunktion bei einer Timeline, in der Schüler*innen schon gemeinsam gearbeitet haben, dazu, dass man genau isolieren kann, zu welchem Punkt genau ein Feedback passt. Das wird in einem sehr vollen “Regal” eher unübersichtlich. Die Bewertungsmöglichkeiten bieten sich vor allem dann an, wenn es um externe Gegenstände geht. Also beispielsweise um die Frage, wie gut etwas in einem Video erklärt wurde, wie ein Vorschlag des Lehrers/ der Lehrerin ankommt etc. Schüler*innen sich gegenseitig bewerten zu lassen bietet sich nur dann an, wenn die Klasse sich gut kennt.
Einige konkrete Impulse
An dieser Stelle soll keine genaue didaktische Analyse bzw. ein Entwurf stehen, der für die verschiedenen Padlets eine Einordnung in den Unterrichtszusammenhang erlaubt. Vielmehr sind die nun folgenden Beispiele als erweiterbare Impulse zu verstehen, die sich, auch das klang schoneinmal an, erweitern lassen oder verworfen werden können.
- Padlet als Themenpadlet
Neue Themen werden eingefügt, innerhalb des Padlets kann nachgefragt werden. Unterpadlets zu verschiedenen Teilbereichen können in neuen Spalten integriert werden.
2. Padlet als eigenständiges Erarbeitungsinstrument
Das Leinwandpadlet wird so aufgebaut, dass Schüler*innen auch zeitunabhängig damit arbeiten können. In diesem Fall Texterörterung.
Diese Art von Padlets sind auch für Sprachen interessant, wenn es darum geht, dass verschiedene Dateitypen (Audio, Video) eingebettet werden können.
3. Dialoganalyse
Ein gemeinsam zu bearbeitendes Padlet als Visualisierung eines Dialogs
4. Gegenüberstellung
In einem Regalpadlet werden positive und negative Eigenschaften gegenübergestellt.
5.Zusammenfassungen
In einem Padlet können Schüler*innen über die Timeline Zusammenfassungen gestalten.
6. Zeitleiste
Gruppen arbeiten aus einem Text eine Zeitleiste heraus. Der Hintergrund kann entsprechend “sprechend” sein.
7. Stundenprotokolle
In der Oberstufe werden wichtige Informationen aus Gesprächen festgehalten.
8. Digitales Lesejournal
Regal-Padlet als vollständiges digitales Produkt, das Schüler*innen erarbeiten.
9. Kollaborative Texterarbeitung im Englischunterricht
10. Fragensammlung
Die Fragensammlung aus dem Deutschunterricht ist vor der Stunde geschehen, in der wir Rezo im Unterricht interviewen konnten. Selbstverständlich können so auch andere Fragen gesammelt werden, beispielsweise an einen (eigenen) Gegenstand.
Fazit
Es gäbe noch zahlreiche weitere Beispiele, aber ich denke, dass diese verdeutlichen, wie Unterricht mit Padlets schülerorientiert gestaltet werden kann.
Obwohl Padlet in unserer Schule als Übergangslösung galt (und vielleicht gilt) bieten Padlets für mich eben jene Form der Kombinierbarkeit, die digitalen (Fern-)Unterricht so interessant, abwechslungsreich uns spannend machen kann. Aus diesem Grund werde ich diese digitalem Multitasker auch nach dem Fernunterricht sicherlich immer wieder einsetzen.
Weitere erprobte Praxisbeispiele gibt es beim Kollegen Hauke Pöhlert.